Frankfurter Foren zum Elisabethfest
Die Ballei Deutschland der Familiaren des Deutschen Ordens veranstaltete auch dieses Jahr am 19. November, dem Festtag der heiligen Elisabeth von Thüringen, der Patronin des Deutschen Ordens, die Frankfurter Foren – nunmehr zum 22. Mal. Mit dieser Veranstaltungsreihe geht die Ballei bewusst an die Öffentlichkeit, um ihrer Berufung, die weltliche Ordnung mit christlichem Geist zu beleben, gerecht zu werden. Daher waren neben allen Familiaren wieder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, der Wirtschaft, der Kirchen und der Politik aus dem Rhein-Main-Gebiet in die Räumlichkeiten der Deutschordenskommende in Frankfurt-Sachsenhausen eingeladen.
Zu den diesjährigen Frankfurter Foren konnte Balleimeister Thomas Jünger gut 170 Gäste begrüßen – darunter nahezu die gesamte Balleileitung und die Komture der Komtureien "An Rhein und Main" und "Franken", Dr. Dirk Hohn und Thomas Koch, sowie die Vertreter der befreundeten Ritterorden.
Den Abend eröffnete ein feierliches Pontifikalamt zum Fest der heiligen Elisabeth in der übervollen Deutschordenskirche, dem als Hauptzelebrant und Prediger der hochwürdigste Herr Weihbischof Thomas Maria Renz aus Rottenburg-Stuttgart, unserer Confrater, vorstand. In seiner Predigt schildert Weihbischof Renz das christusgerechte Leben der heiligen Elisabeth anhand ihrer verschiedenen Biographen, spiegelt es am Tagesevangelium (Mt 25,31–46) mit der Kernaussage: „Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ und erläutert es an den vierzehn Bildern des Elisabethenfrieses auf der südlichen Chorwand. Das Hauptaugenmerk richtete Weihbischof Renz auf das achte Bild, welches zeigt, dass der auf die Nachricht, Elisabeth habe ins Ehebett einen Aussätzigen zur Pflege gelegt, zornig herbeieilende Gemahl erschüttert den Gekreuzigten vorfand.
Danach folgte wieder ein interessanter Vortrag. Es sprach Herr Dr. Christof Schenck, Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt von 1858 e. V., Nachfolger des legendären Naturschützers Bernhard Grizmek, über das Thema „Biodiversität – eine globale Herausforderung. Warum wir uns selbst retten müssen und wie das geht“. Der Referent hat zahlreiche Würdigungen erhalten: 2017 wurde er mit dem Nature Life-Umweltpreis ausgezeichnet. 2021 erhielt er die EINE WELT-Medaille, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für herausragendes persönliches Engagement bei der Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen verliehen wird. 2022 erhielt Christof Schenck den Deutschen Umweltpreis, der zu den höchstdotierten und renommiertesten Auszeichnungen Europas zählt. Er wurde ausgezeichnet für seinen Einsatz zum Schutz großer Wildnisgebiete, vor allem der tropischen Regenwälder.
Die Kernpunkte seines Vortrags: Der Begriff „Biodiversität“ oder „biologische Vielfalt“ erschien erstmals auf der Weltbühne vor 32 Jahren bei einer UN-Konferenz in Rio de Janeiro. Biodiversität ist ein Kunstwort und beschreibt die Vielfalt der Gene, der Arten und der Ökosysteme. Kurz – das Leben auf dieser Erde. Wir Menschen sind auf Gedeih und Verderb von der Biodiversität abhängig. Arten und Ökosysteme speichern Kohlenstoff, reinigen Luft und Wasser, geben uns Nahrung, Rohstoffe und Medikamente. Mit dem Kopieren von Konstruktionen, die sich in Millionen von Jahren entwickelt haben, machen wir Oberflächen schmutzabweisend (Lotusblatt), finden neue Verschlüsse (Klettfrüchte) oder optimieren Saugnäpfe (Kraken). 70 Prozent der medizinischen Inhaltsstoffe stammen aus dem Pflanzenreich und drei Viertel unserer Nutzpflanzen werden von Insekten bestäubt. Die unentgeltlich erbrachte Leistung dieser Bestäuber entspricht 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Angesichts abnehmender Arten und Lebensräume und zunehmender Umweltprobleme hatte sich die Weltgemeinschaft auf dem Erdgipfel 1992 zum Schutz der Biodiversität verpflichtet. Heute sieht es aber zappenduster aus. Eine Million Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Die Aussterbegeschwindigkeit hat sich deutlich mehr als hundert- bis tausendfach erhöht. 130.000 Quadratkilometer Regenwald werden jedes Jahr abgeholzt. Jährlich gehen bis zu 58.000 Tierarten verloren. Die globalen Wirbeltier-Populationen nahmen seit 1970 um mehr als 60 Prozent ab. Ganze Ökosysteme büßen ihre Leistungsfähigkeit ein. Wir haben das 6. Massensterben seit Erdbeginn vor 4,6 Milliarden Jahren eingeleitet. Das erste, das nicht von kosmischen Katastrophen oder gigantischen Vulkanausbrüchen ausgelöst wird, sondern nur von der Art Homo sapiens. Wir haben uns selbst in eine gigantische, globale Dreifachkrise aus Klimawandel, Biodiversitätsschwund und Pandemien manövriert. Und alles hängt auch noch zusammen: Wird zum Beispiel Tropenwald vernichtet, entweicht Kohlendioxyd, wertvolle Arten verschwinden und in verarmten Lebensgemeinschaften treffen Viren nicht mehr auf viele Immunsysteme, an die sie sich nur schwer anpassen können, sondern auf ganz wenige Arten: den Mensch und seine Haustiere. Und die dafür in hoher Zahl. Fest steht: 80 Prozent der Nachhaltigkeitsziele lassen sich nicht erreichen, wenn der Schwund der Biodiversität nicht gestoppt wird. Biodiversität muss daher zur Grundlage allen Handels werden. Wir müssen die Ökosysteme wieder stabilisieren, von denen wir abhängen. Deutschland wird bis 2025 1,5 Milliarden Euro zum Erhalt der Biodiversität zur Verfügung stellen, damit ist es Vorreiter, niemand zahlt so viel. Auch müsse man umweltschädliche Subventionen abbauen. Ebenso seien Regularien für Wirtschaft und Finanzen erforderlich, weg vom Greenwashing. Der Referent endete hoffnungsfroh, noch sei eine Umkehr des Abwärtstrends möglich, erste Besserungen zeichneten sich ab. Aber es müssten alle, auch jeder Brüder in Deutschland, einen Beitrag eisten. Hierzu rief er auf.
Beim abschließenden Empfang in den Räumen der Kommende konnten die Gäste bei gutem Wein und belegten Brötchen über all das Gehörte lebhaft diskutieren sowie Kontakte pflegen. Im nächsten Jahr werden die Frankfurter Foren fortgesetzt.
Thomas Jünger FamOT
Balleimeister • Deutschherrenmeister